Re: Spanner und FKK


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Geschrieben von Daggi am 09. Februar 2000 22:40:48:

Als Antwort auf: Spanner und FKK geschrieben von Peter am 06. Februar 2000 11:28:12:

Hallo Peter,

Als Sexualtherapeutin darf ich Dich auf ein Paar falsche Einschätzungen aufmerksam machen:

1. Schwule und Exhibitionisten sind natürlich nicht dasselbe.

Schwule sind Menschen, die aufgrund von Veranlagung oder Prägung Sexualität am liebsten in Partnerschaft mit Gleichgeschlechtlichen erleben, also Männer mit männlichen Sexualpartnern und Frauen die Frauen als Sexualpartner bevorzugen.

Exhibitionisten sind Menschen, die an den natürlichen Reaktionen, wie sie auch in ein paar Beiträgen oben beschrieben wurden (Erektion od. sexuelle Erregung (bei der Frau) im Zustand der eigenen Nacktheit) Gefallen gefunden haben, da sexuelle Erregung beim Menschen mit der Ausschüttung von Glückshormonen (Endorphinen) verbunden ist und bei manchen Menschen vielleicht besonders stark. : -)

Behavioristisch läßt sich eine derartige Konditionierung also erklären: Menschen haben diese Erlebnisse und das bei "normalen Menschen" als Gegengewicht zur sexuellen Annehmlichkeit auftretende unangenehme, inhibitorisch wirkende Schamgefühl entfällt z.B. aufgrund einer positiven Reaktion einer Betrachterin (z.B. aus Neugier oder Schadenfreude oder weil sie ein weiblicher Voyeur, s.u. ist).

Auf diese Weise könnte ein junger Mann der solche Erlebnisse vor anderen Sexualerlebnissen in der sexuell prägenden Phase der Pubertät erlebt eine entsprechende sexuelle Neigung entwickeln.

Dieses bedeutet aber nicht, und dies ist ein weithin verbreitetes Vorurteil, daß exhibitionistisch geprägte Menschen nicht zu anderen Formen der Sexualität in der Lage sind.

Aus sexualtherapeutischer Sicht finde ich die Frage durchaus erörterungswert, ob FKK unter diesem Aspekt nicht ein Risiko für junge Menschen bedeuten kann, die noch keine "normale" aktive sexuelle Grundhaltung ausgeprägt haben ("normalen" Sex und Geschlechtsverkehr).

Daß derartige zu einer derartigen Konditionierung geeignete Vorfälle auf FKK-Stränden sich ereignen zeigen nicht zuletzt obige Postings.

2. Aus sexualtherapeutischer Sicht stellt sich aber auch die Frage, ob Exhibitionismus an sich ein Problem ist oder vielmehr die Art, wie die Gesellschaft damit umgeht.

So macht auch Dein Beitrag, Peter, deutlich, wie Du Thomas, der hier einen "schüchternen" Versuch zur Verständigung unternimmt, gleich in die kriminelle Ecke und Du Erich, gleich in die Schublade der psychisch Kranken "aussondern" willst.

Thomas sagt selbst, daß er sich sexuell ausdrücklich NICHT auf Kinder bezieht, sorgt sich jedoch darum was ist, wenn Kinder ihn zufällig dabei beobachten. Darum hat sich auch jeder gute Vater und jede gute Mutter schon einmal gesorgt, denn kaum ein Paar wird bis die Kinder herangewachsen sind auf sexuelle Aktivitäten ganz verzichten wollen.

Also ein bißchen mehr Toleranz in der Diskussion bitte!

Sexuell exhibitionistisch veranlagte oder geprägte Menschen (tja, so ganz einig über die Ursache sind wir Experten uns da auch noch nicht, z.B. kann eine genetische Disposition zum Exhibitionismus nicht ganz ausgeschlossen werden) werden in Deutschland und vielen anderen Ländern auch durch den Gesetzgeber kriminalisiert und mit erheblichen Freiheitsstrafen bedroht, wie früher die Homosexualität oder heute nur noch, und das zurecht, die Vergewaltigung und der sexuelle Mißbrauch Abhängiger.

In Deutschland gilt das Gesetz kurioser Weise nur gegen Männer, obwohl entsprechende bei Frauen viel verbreiteter sind.

3. Die Überschrift Deines Beitrages, lieber Peter, ist gar völlig daneben geraten. Thomas ist ja gerade nicht Spanner, sondern eben genau das Gegenteil: Ein Exhibitionist.

Kleiner Nachhilfeunterricht (normalerweise spiel ich eigentlich nicht gerne die Oberlehrerin ;-)):

Spanner (Voyeure) sind Menschen, die sich dadurch sexuell erregen, daß sie andere Menschen nackt oder beim Ausziehen beobachten.

Exhibitionisten dagegen sind Menschen, die erregt werden, wenn sie selbst nackt von Voyeuren oder neutralen Betrachtern beobachtet werden. Thomas ist nach dem, was er hier schreibt so sehr Exhibitionist,
daß er in solchen Situationen, in denen er selbst vor anderen ausgezogen ist, zum Höhepunkt gelangen kann, ohne mit seinen primären Geschlechtmerkmalen mechanisch herummachen zu müssen. (Interessant! ;) ) Also ist Thomas genau das Gegenteil von einem Voyeur.

O.K. vielleicht hat Dich aus dem Konzept gebracht, daß Thomas sich nebenbei auch als "Wixer" bezeichnet.

Also gut, Peter, zum einen gibt es sicherlich Menschen bei denen eine vojeuristische und eine exhibitionistische Veranlagung gleichzeitig vorhanden ist.

Zum anderen aber, bezeichnen sich auch Männer als "Wixer", d.h. vielmehr normalerweise werden sie als solche bezeichnet ( denn es ist wahrlich kein schönes Wort), die es sich angewöhnt haben Sexualität nur mit sich alleine erleben.

Während die meisten Menschen es sich kulturkonform angewöhnt haben, Sex mit genau einem Partner zu erleben, gibt es auch Menschen, die gerne Gruppensex haben und eben Menschen, die am liebsten mit sich alleine Sex machen (diese werden von der Gesellschaft sehr gerne ignoriert oder als "Wixer" ausgegrenzt; auch hier werden wieder Männer mehr diskrimiert als entsprechend veranlagte Frauen, die sich höchstens als "Alte Jungfer" bezeichnen lassen müssen, "Wixer" dagegen hat sich in unserer Gesellschaft zu einem regelrechten Schimpfwort herausgebildet! Tja, die Ungleichbehandlung der Geschlechter gibt es bei einigen Themen eben auch in der Gegenrichtung *freu*).

Exhibitionistische und voyeuristische Neigungen passen paradoxerweise gut zu letzterem "anzahlmäßigen" Sextypus sind jedoch bei weitem nicht auf jenen begrenzt!

Ausschliesslich auf Masturbation ausgerichtete Menschen sind so geprägt, daß sie mit ihren sexuellen Empfindungen möglichst alleine sein wollen. Der Exhibitionist ist mit seinen Gefühlen alleine und hat außer der situativen, keinerlei soziale oder sexuelle Beziehung zur Betrachterin. Viele meiner Kollegen führen dieses Ansinnen auf vorhandene soziale Schwächen dieser Menschen zurück und unter behavioristischen Gesichtspunkten wären natürlich inhibitorisch wirkende Erlebnisse im zwischenmenschlich sexuellen Bereich als Ursache für eine solche Konditionierung geeignet.

In Dingen der sexuellen Präferenz ist jedoch die Frage, ob hier irgendetwas als heilungsbedürftige "Störung" (den Begriff Krankheit jedenfalls wollen wir bitte tunlichst unterlassen!) angesehen werden darf, solange der Träger der Präferenz sich selbst mit seiner Neigung wohlfühlt und sich gesellschaftlich einigermaßen arrangieren kann.

Wo soll die Grenze gezogen werden zwischen normaler und unnormaler sexueller Präferenz und Neigung?

Die Kirche besteht z.B. darauf, daß "normaler" Sex stets auf die biologische Fortpflanzung abzielen muß. Aber ist das bei den Sexspielen der Homosexuellen der Fall oder beim bloßen Petting oder Safer Sex Bisexueller?

Zusammenfassend: "Wixer" ist also nicht zwangsläufig mit Voyeur gleichzusetzen. Obwohl zweier Studien zufolge die meisten männlichen, reflexiv-sexuell Veranlagten sich visueller Reize als Stimulanzia bedienen, während nur eine Minderheit sich ausschließlich mechanisch erregt. Exhibitionistische Gefühle wären als Stimulanzia ebenfalls möglich!

4. Du sagst, wenn Thomas sich exhibitionistisch benehmen möchte, dann bitte zu Hause. Alleine? Wie sollte man alleine exhibieren können. Also Peter Du scheinst hier wirklich kaum etwas verstanden zu haben! LOL
Netterweise gibst Du das in Deinem vorletzten Statement auch zu, mit der Frage, ob Thomas meint, die Homosexualität würde bald nicht mehr existieren.

Aus dem Singular des betreffenden Nebensatzes von Thomas und dem Absatzkontext geht meiner Ansicht nach eindeutig hervor, daß Thomas hofft, daß wenigstens die Kriminalisierung der Homosexualität endlich bald der Vergangenheit angehören dürfte, was leider in den meisten Ländern dieser Welt noch lange nicht zutrifft.

5. Ich finde, das Internet als Kommunikationsmedium ist eine gewaltige Chance für die Meinungsfreiheit und zu mehr Verständigung und Frieden unter den Menschen. Insofern begrüße ich auch sehr die Initiative von Erich, daß er dieses Forum eingerichtet hat. Daß Thomas es hier gewagt hat, mit der Suche um Verständnis sich mit seinen Präferenzen zu outen finde ich mutig und vorbildlich.

Wie ich oben gesagt habe, hat Thomas sich selbst von sexuellen Handlungen mit Kindern ausdrücklich distanziert.

Deshalb meine ich, daß er es wert ist, hier verteidigt zu werden.

Deinen Macho-Spruch, Peter, den mit den Feiglingen, finde ich Thomas gegenüber genauso unangemessen wie einem Rollstuhlfahrer gegenüber herauszuplatzen, Querschnittslähmungs-Simulanten sind träge Säcke, die zu faul sind, um zu laufen.

Also bitte mehr Toleranz in der Diskussion und nicht immer gleich die Scheuklappen aufsetzen, wenn es an Tabu-Grenzen geht.

Eure Daggi

P.S.: Bin selbst begeisterte FKK-Anhängerin.

>Hallo,
>ich fand heute eine e-mail, von einem bekennenden Spanner, der nur FKK macht, um seine Leidenschaft zu frönen. Vielleicht erscheint dieser Beitrag noch auf dieser Seite. Seine Thesen:
>1. Schwule und Exibitionisten sind dasselbe.
> Meine Antwort: Sexuelle Präferenzen haben weder am Textilstrand noch am Nacktbadestrand etwas zu suchen. Man geht nicht in die Öffentlichkeit um seine Sexualität auszuleben. Dies sollte Mann/Frau in zu Hause tun-
>2. Kinder nehmen keinen Schaden, wenn er vor diesen Hand an sich legt. Denn die Tiere tuns ja auch in der Öffentlichkeit.
> Meine Antwort: Wenn er sich wie ein Schwein benehmen und sich mit ihnen auf eine Stufe stellen will, bitte zu Hause. Kinder bedürfen unseres Schutzes. Erwachsene können tun und lassen was sie wollen, wenn die Beteiligten es wollen und Andere nicht belästit werden.
>Die letzte These habe ich nicht verstanden, daß die Homosexualität in Zukunft nicht mehr existieren wird. Für mich sind Männer, die es nur mit Kindern können Feiglinge, das sie sich an erwachsene Frauen nicht herantrauen. Bei manchen Beiträgen hat man den Eindruck, daß sie aus dem Knast oder einer geschlossenen Anstalt versandt werden.
>Beste Grüße
>Peter





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