Re: Die Spanner-Diskussion....


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Geschrieben von Uli am 03. Juli 2000 01:51:16:

Als Antwort auf: Die Spanner-Diskussion.... geschrieben von Aglaya am 15. Juni 2000 22:30:34:

>...taucht hier ja immer mal wieder auf. Ich kann dazu nur einen (mehrfach bewährten) Rat geben: unbedingt ansprechen! Gerade in der vollbesetzten Sauna ist das sehr wirkungsvoll und macht richtig Spaß! Zu r Nachahmung empfohlen..
>Grüße von Aglaya


Liebe Aglaya,

ich f r e u e mich, wenn jemand sich an meinem Anblick erfreut, und ich schenke ihr oder ihm gerne den Blick. Ich gönne anderen auch ihre Phantasien und Wünsche.

Meine Freundin schaut sich schöne Männer (und auch schöne Frauen) gerne an. Sie sieht gerne wohlgeformte Hinterteile und Vorderteile. Sie kämpft nicht gegen ihre Natur und ihre Wahrheit. Kann etwas selbstverständlicher sein?

Jeder bejahende, genießende Blick ist ein Kompliment, ein Geschenk in beide Richtungen, eine positive Verbindung, vielleicht nur ganz kurz, vielleicht länger - gute „Augenblicke“.

So ist die einfache, natürliche Realität. Ein Netzwerk aus lustvollen Begegnungen, Lächeln und Anlachen, aus Zeigelust und Schaulust.

Lassen wir diese Realität so? Kultivieren sie vielleicht?

Nein! Einige scheinen dazu v e r d a m m t , das Einfache und Lustvolle in Komplikationen und hässliche Szenen verwandeln zu müssen.

Wie kommt das? Sind wir verrückt? Ich fürchte ja.


Wie ist das überhaupt möglich, Blicke als Angriffe zu erleben, als Belästigung? Nicht etwa b ö s e Blicke, die tatsächlich angreifen, sondern freudvolle, wohl-wollende, sogar liebevolle Blicke.

Sicher - Blicke können uns unsicher machen, wir fühlen uns, beobachtet, nicht immer wohl, vor allem, wenn wir selbstunsicher sind. Das müssen alle „Schaulustigen“ auch berücksichtigen. Wir sollten schon prüfen, ob die Blicke akzeptiert und vielleicht ja sogar eingeladen sind. Niemand sollte vermeidbar verunsichert werden. Erkennbare Wünsche sollten wir wechselseitig selbstverständlich respektieren. Grundsätzlich gilt allerdings: Wenn ich mich in der Öffentlichkeit zeige, ob nackt oder angezogen, darf ich auch angesehen werde.

Abgesehen von möglicher Verunsicherung auf der öffentlichen „Bühne“, stört mich persönlich zweierlei: Die Blicke, die verdruckst, gestresst, verklebt sind vom Gefühl, etwas Verbotenes, „Schmutziges“, Anrüchiges zu tun. Und die abschätzigen Blicke, die eine hintergründige Aggressivität enthalten.
Beide Arten sind von ungesunden Schuldgefühlen und A n g s t geprägt, der Angst vor Ablehnung und „Bestrafung“.

(Allerdings - ich will hier auch nicht richten, denn die Einzelnen haben daran keine „Schuld“ - es ist ein Merkmal unsrer Kultur und die Blicke fast aller haben einiges davon.)

Aber gerade die kulturtypischen Schuldgefühle und Ängste werden durch aggressive SittenwächterInnen bestätigt und verstärkt. Sie erzeugen so eine Atmosphäre von Scheinheiligkeit, Heuchelei, „politischer Korrektheit“, So-tun-als-ob, Ängsten, (heimlichen) Aggressionen.

O ja, wer die Prüderie und die verwurzelten Schuld- und Schamgefühle für Angriffe ausnutzt, kann M a c h t ausüben. Die Angegriffenen werden klein (es sei denn, man trifft auf den Falschen - oder den Richtigen). Doch diese „Macht“ ist selbstdestruktiv - eine schlimme Selbstverletzung.

Liebe Aglaya,
der „Spaß“ an destruktiven Angriffen, an der Erzeugung häßlicher Szenen - was ist das wohl? Sekunden vorher hat er Dich vielleicht bewundert, ein Strom guter Gefühle ging in Deine Richtung (wenn auch vielleicht durchsetzt von Unsicherheit). Nun hast du dies effektiv zerstört und stattdessen Scham, Traurigkeit, Verwirrung, Wut, Angst und Bitterkeit im anderen ausgelöst.

Ahnst Du wenigstens, dass dies ein „Sieg“ ist, für den Du einen Preis bezahlst?

Du hast einem evtl. positiven Blick Deinen bösen Blick entgegengesetzt. Du hast aus einem Ja zu Dir ein Nein werden lassen. Und dieses Nein zu Dir sagst Du groteskerweise selbst!

Wie erklärt sich der „Spaß“?

Es gibt die tiefe Programmierung, dass sexuelle Interessen, „Geilheit“, selbst nur Blicke, „Sünde“ seien, „schmutzig“, gar „erniedrigend“, vor allem für Frauen; und dass die „anständige“ Frau so etwas nicht zulassen dürfe, weil sie sonst was ist? Richtig: eine „Schlampe“. Das ist vermutlich ein wesentlicher (unbewußter) Teil von Deinem „Spaß“ - die Demonstration: ich bin nicht „so eine“!

Verwandt ist dein „Spaß“ übrigens dem „Spaß“ islamischer SittenwächterInnen, die eine unverschleierte Frau beschimpfen, anprangern oder schlagen. Auch diese handeln aus der tiefen Angst, selbst „sündig“ zu sein und für ihre heimlichen „schmutzigen“ Wünsche von Allah oder der Gemeinschaft bestraft zu werden.
Die „Schamlosigkeit“ der unverschleierten Frau berührt ihren eigenen wunden Punkt. Indem sie die schamlos-unverschleierte Frau, die „Schlampe“ angreifen, tarnen sie sich vor sich selbst. Während sie die „Schlampe“ angreifen - mit Zustimmung der anderen Saubermänner und –frauen (während die Ängstlichen schweigen) -, haben sie ein Gefühl von moralischer Macht und „Sauberkeit“ - kurzzeitig.
In Wahrheit verurteilen und verletzen sie sich selbst.

Ich wünsche Dir - angezogen und nackt - gute „Augenblicke“, viel Freude beim Sehen und Gesehenwerden und vor allem l i e b e v o l l e Blicke.
Uli







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